Mikrochirurgische Refertilisierung
2020-01-20

Alle Infos zur mikrochirurgischen Refertilisierung

Dr. med. Marc Armbruster ist Urologe und Experte für Vasektomie in Kirchheim unter Teck bei Stuttgart

Infos zum Experten

Dr. med. Marc Armbruster

Urologe in Stuttgart

+49 7021 992 45 28

Experteninterview mit Dr. Armbruster zu dem Thema “Mikrochirurgische Refertilisierung”

Herr Dr. Armbruster, neben der Vasektomie haben Sie sich in Ihrer Praxis in Kirchheim unter Teck bei Stuttgart auch auf die sogenannte mikrochirurgische Refertilisierung spezialisiert. Was genau versteht man darunter?

Bei der mikrochirurgischen Refertilisierung wird der Samenfluss ausgehend von den beiden Hoden über die Nebenhoden und dann letztendlich durch die Samenleiter wiederhergestellt. Hierbei werden mit Hilfe eines Operationsmikroskopes mit einer aufwändigen Nahttechnik entweder die beiden Samenleiterenden miteinander verbunden (Vaso-Vasostomie) oder das zur Harnröhre führende Samenleiterende wird direkt mit dem Nebenhoden (Tubulo-Vasostomie) verbunden.

Kann eine Sterilisation denn wirklich rückgängig gemacht werden?

Leider bietet diese Operation keinen Garantieerfolg. In den Händen eines geübten Operateurs sind die Schwangerschaftsraten allerdings sehr vielversprechend, was dazu führt, dass viele Paare durch dieses Verfahren ihren Kinderwunsch verwirklichen können.

Wie häufig kommt es vor, dass Ihre “ehemaligen” Patienten ihre Sterilisation rückgängig machen möchten & was sind ihre häufigsten Beweggründe dafür?

3 % der sterilisierten Männer bereuen es, dass sie bei sich eine Vasektomie haben machen lassen. Die Hälfte dieser Männer entscheidet sich, diesen Eingriff wieder rückgängig zu machen. In über 90 % der Fälle liegt eine neue Partnerschaft vor und daraus resultiert ein erneuter Kinderwunsch.

Mit knapp 4000 Sterilisationen zählen Sie mittlerweile zu Deutschlands Experten auf diesem Gebiet. Wie viele Refertilisierung haben Sie in den vergangenen Jahren durchgeführt?

Mit einer OP-Frequenz von 2-3 Refertilisierungen pro Woche habe ich in den letzten Jahren mehrere hundert Refertilisierungen durchgeführt.

Wie hoch sind die Erfolgschancen bei einem solchen Eingriff? Gibt es auch Patienten, bei denen eine Rückgängigmachung der Sterilisation nicht (mehr) möglich ist? Falls ja, was sind die Gründe dafür?

Die Erfolgsraten sind abhängig von der Dauer der zurückliegenden Sterilisation. In den ersten 3 Jahren nach der Vasektomie liegt die Wahrscheinlichkeit, dass die operierten Männer wieder Spermien in der Samenflüssigkeit haben werden (Durchgängigkeitsrate), bei 90 %, die Schwangerschaftsrate bei 70-80 %. Nach 15 Jahren liegt die Durchgängigkeitsrate bei 70 % und die Schwangerschaftsrate bei 30 %.

Gibt es spezielle Kriterien, die Ihre Patienten erfüllen müssen, um sich einer Refertilisierung bei Ihnen unterziehen zu können?

Grundsätzlich kann bei jedem Mann eine Refertilisierung durchgeführt werden. In äußerst seltenen Fällen kann es vorkommen, dass die Operation abgebrochen werden muss. Dies wäre z.B. der Fall, wenn bei der Vasektomie zu viel Samenleiter entfernt wurde und dadurch die entstandene Lücke zu groß für eine Refertilisierung ist.

Wie läuft das Aufklärungsgespräch vor der OP ab? Welche Fragen besprechen Sie vorab mit Ihrem Patienten?

Die Patienten kommen vor der Operation (spätestens am Tag vorher) in die Praxis. An diesem Termin werden das Aufklärungsgespräch und einen kurze körperliche Untersuchung durchgeführt. Dem Patienten wird anhand einer Zeichnung das Prinzip der Refertilisierung erläutert, gleichzeitig wird der Ablauf des OP-Tages besprochen. Außerdem kläre ich den Patienten über mögliche Risiken und Komplikationswahrscheinlichkeiten während und nach dem Eingriff auf.

Welche Untersuchungen müssen in der Regel vor dem Eingriff durchgeführt werden?

Außer einer körperlichen Untersuchung sind keine weiteren Maßnahmen erforderlich.

Welche Rolle spielt das Datum der Vasektomie bzw. wie lange darf die Vasektomie her sein?

Wie schon erwähnt, sinkt die Erfolgswahrscheinlichkeit mit der Dauer der zurückliegenden Vasektomie. Dennoch empfehle ich, selbst mehrere Jahre nach der Vasektomie, einen Therapieversuch mit der Refertilisierung vorzunehmen.

Welche Methoden der Refertilisierung gibt es bzw. welche Methoden bieten Sie konkret in Ihrer Praxis an?

Bei der Refertilisierung muss man zwischen der Vaso-Vasostomie (VVS, beide Samenleiter werden miteinander verbunden) und der Tubulo-Vasotomie (TVS, der Samenleiter wird direkt mit dem Nebenhoden verbunden) unterscheiden. Bei der VVS wiederum gibt es ein zweischichtiges und ein dreischichtiges Nahtverfahren. Ich führe das dreischichtige Verfahren durch, da hier statistisch bessere Erfolgsraten erzielt werden. Falls sich während der OP herausstellt, dass bereits im Nebenhoden ein Verschluss existiert, muss der Samenleiter direkt mit einem sehr zarten Nebenhodenkanälchen verbunden werden. Auch diese Tubulo-Vasostomie führe ich bei Bedarf durch.

Wie kann man sich den Eingriff vorstellen?

Die Patienten kommen am OP-Tag nüchtern (d.h. 6 Stunden vorher nichts essen/trinken/rauchen) in die Praxis. Der Eingriff erfolgt ambulant in Vollnarkose und dauert ca. 2-2,5 Stunden. Nach weiteren 2-3 Stunden im Aufwachraum dürfen die Männer dann in Begleitung wieder nach Hause.

Welche Komplikationen können bei einer Refertilisierung auftreten?

Die Komplikationsrate bei der Refertilisierung ist sehr gering. Dennoch muss ich meine Patienten über eine mögliche Blutung, Nachblutung und ein Infektionsrisiko aufklären.

Wie stark sind die Schmerzen nach der OP?

Von richtigen Schmerzen kann nicht wirklich die Rede sein. Die Patienten berichten eher über ein Ziehen im Hodenbereich mit Ausstrahlung in die Leistenregion.

Wie lange muss sich der Patient schonen? Wie lange sollte er auf Sport verzichten?

Nach der OP sollte sich der Patient für 3-4 Tage komplett körperlich schonen. Das heißt, zu Hause bleiben und überwiegend ruhen und liegen. Anschließend kann eine moderate körperliche Belastung (zum Beispiel Büroarbeit) aufgenommen werden. 3 Wochen nach dem Eingriff empfehle ich meinen Patienten, auf Sport und Geschlechtsverkehr zu verzichten.

Ab wann darf man nach der Refertilisierung wieder duschen?

Duschen ist nach 3 Tagen erlaubt. Auf Vollbäder oder Schwimmbad und Sauna sollte über einen Zeitraum von 3 Wochen verzichtet werden.

Wann kann frühestens überprüft werden, ob der Eingriff erfolgreich war?

Die erste Spermakontrolluntersuchung wird 3 Monate nach der OP empfohlen.

Angenommen, der Patient entscheidet sich nach einer erfolgreichen Refertilisierung wieder für eine Sterilisation. Ist auch das möglich?

Ja, auch eine erneute Sterilisation ist nach einer Refertilisierung wieder möglich.

Zum Abschluss noch eine Frage zu den Kosten. Wie viel kostet die Refertilisierung? Und lassen sich die Kosten von der Krankenkasse übernehmen?

Bei mir in der Praxis muss der Patient mit Kosten in Höhe von 3500 Euro bis 3800 Euro rechnen. Die Kosten werden in der Regel nicht von den Krankenkassen übernommen und sind daher vom Patienten selbst zu tragen.